|
Der "Chefideologe" (so Die Zeit) des Niederrheins war Hanns
Dieter Hüsch, der im Gegensatz zur mehrheitlich katholisch
geprägten Region aus dem evangelischen Moers stammte, jedoch lange Zeit in
Mainz wohnte. Der Niederrheiner an sich weiß nichts, kann aber
alles erklären!, war seine Beschreibung der Menschen, die aus
seiner Region stammen. Das Wesen des Niederrheinischen ist
die Kunst der reinen Vermutung, seine sprachliche Form ein hemmungslos
assoziierendes Schwadronieren, schrieb der Mönchengladbacher
Christof Siemes in der Zeit. Der Satzbau ist wie die Gegend: weit und
ungegliedert. Die Kunst der reinen Vermutung spiegelt sich in
der von Niederrheinern gerne und häufig verwendeten Formulierung Da
geh ich ma von aus prächtig wider. Die Rheinische Post
bedachte die Menschen dieser Region mit den Worten Der Niederrheiner ist
die tiefergelegte Version des Rheinländers.
Sprachlich ist der Niederrhein im Süden durch die
Benrather Linie begrenzt, die die Ausbreitung der hochdeutschen
Lautverschiebung kennzeichnet. Nördlich dieser Linie sagen der Mundart
treu gebliebene Einheimische make statt machen und es wird Niederrheinisch
gesprochen, das zu den niederfränkischen Dialekten gerechnet wird.
Südlich der Benrather Linie folgt das ripuarische Sprachgebiet; dort
heißt es maache statt machen. Darin zeigt sich eine etwas
größere Nähe zu südlicheren Dialekten und auch zur
hochdeutschen Standardsprache. Da die Linie nicht den heutigen politischen
Grenzen folgt und sowohl Düsseldorf als auch Mönchengladbach
durchschneidet, ist sie eine kulturelle Trennungslinie, wenn auch nur mit
geringfügiger Relevanz. Sie ist nicht nur eine Sprachgrenze,
trotz Dialektkontinuum, sondern auch eine Kulturgrenze zwischen
Bautechniken und zwischen Erbverhalten. Nördlich der Benrather Linie
wurden die Häuser von der Giebelseite her aufgeschlossen, südlich von
der Traufseite. Südlich der Benrather Linie gab es Realteilung,
nördlich erbte nur der älteste Sohn. |
|